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Naya & Oma Marianne: Vielleicht ist sie die erste Frau, die sich mit Mitte 70 ein Tattoo stechen ließ?

Naya & Oma Marianne:

„Vielleicht ist sie die erste Frau, die sich mit Mitte 70 ein Tattoo stechen ließ?“


Die meisten Großmütter wünschen sich ja, dass ihre Enkel*innen sie regelmäßig anrufen. Bei uns ist es andersrum. Ich warte jeden Sonntag auf den Anruf meiner Omi. Ich habe den angeordnet und wenn sie mal nicht anruft, bin ich erst besorgt und dann – wenn nichts Besonderes ist – beleidigt wie ein kleines Mädchen.

„Meine Omi hat kein Ablaufdatum, sie ist unsterblich“ heißt es in dem cheesy Rap-Schlager, den ich damals für sie aufnahm und ihr in Form einer aufwändig gestalteten Maxi-CD zum 70. Geburtstag schenkte. Meine Omi tanzt gern, sie singt gerne und sie mag es heiter und lustig. Manchmal, wenn sie traurig ist, geht sie ins Wohnzimmer und schiebt die CD mit dem Song in die alte Anlage. Er macht sie wieder fröhlich. Das habe ich mir gewünscht, als ich ihr dieses Geschenk machte. Ich möchte, dass sie viel zu lachen hat. Und dafür mach ich gerne albernes Zeug.

Großeltern versetzen ihre Enkel*innen oft ungewollt in eine Art nostalgischer Infantilität. „Bei meinem Opa werde ich jedes Mal wieder zur kleinen Pipi Langstrumpf“, sagte letztens eine Bekannte zu mir. Und ich kann das sehr gut nachvollziehen. Vielleicht hat meine Oma auch deshalb kein Ablaufdatum. Mein Pipi Langstrumpf-Ich will immer noch nicht daran glauben, dass sie schon bald nicht mehr da sein kann. Und tatsächlich macht mir nichts mehr Angst.

Großeltern versetzen ihre Enkel*innen oft ungewollt in eine Art nostalgischer Infantilität. „Bei meinem Opa werde ich jedes Mal wieder zur kleinen Pipi Langstrumpf“, sagte letztens eine Bekannte zu mir. Und ich kann das sehr gut nachvollziehen. Vielleicht hat meine Oma auch deshalb kein Ablaufdatum. Mein Pipi Langstrumpf-Ich will immer noch nicht daran glauben, dass sie schon bald nicht mehr da sein kann. Und tatsächlich macht mir nichts mehr Angst.

Hey Nana - Naya & Oma Marianne

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Hey Nana - Naya & Oma Marianne

Ich bin ein Omi-Opi-Kind. Meine Großeltern haben mich mit großgezogen, da meine Eltern noch sehr jung waren.

ie haben alles mit und für meine drei Geschwister und mich getan. Ich nenne es den „Enkel-Luxus“. Und dabei geht es nicht um die aufwendig versteckten 5-Euro-Scheine in Obstkisten oder hinter Rubbellosen und auch nicht um die „Dulli-Kiste“, gefüllt mit gesundem und deshalb leider kinderunfreundlichem Bio-Süßigkeiten. Nein – es geht um die Zeit, die sie für uns geopfert, die Freunde, die sie für uns zurückgelassen, den Tennis- oder den Kegelclub, den sie für uns verlassen haben und die G-Klasse, die sie sich als Rentner unseretwegen nicht kaufen können. Bei letzterem geht es mehr um Geld als um Zeit. Dazu muss ich sagen, dass ich ein für unsere Verhältnisse besonders teures Kind war mit bestimmt 5 verlorenen Turnbeuteln pro Woche, 3 im Bus liegen gelassenen Schwimmtaschen im Monat, zahlreichen Rücktransporten wegen Heimweh im Jahr und einer wirklichen mühsamen Dekade ins Erwachsenenalter. Ätzend, aber ich wurde dennoch geliebt.
Meine Großeltern haben alles für uns getan und das, obwohl es in den meisten Zeiten alles andere als leicht war. Sie haben auch dafür gesorgt, dass wir so wenig wie möglich merken, wie schwer es eigentlich ist. Auch wenn ich manchmal jetzt im Nachhinein lieber das Große Ganze gesehen und mich dementsprechend verhalten hätte, verstehe ich, dass sie uns beschützen wollten. Sie kommen aus einer anderen Zeit, waren Flüchtlinge und mussten sich hier ein neues Leben aufbauen. Sie hatten diese sorgenfreie Kindheit nicht.

Ich rede von meinen Großeltern, obwohl das hier „Hey Nana“ heißt. Aber meine Omi ist schwer zu trennen von meinem Opi. Sie sind – ohne Floskel-drop – ein Herz und eine Seele und die besten Freunde für’s Leben. Ohne „Schieter“ geht’s eben nicht. „Wenn Opi mal zu lange im Keller ist oder ich nicht weiß, wo genau er im Haus ist, vermisse ich ihn schon“, sagte Omi gerade erst gestern an ihrem 55. Hochzeitstag als mein Bruder sie fragte, wie das denn so sei nach 55 Jahren Ehe.

Aber so sehr ich meinen Opa auch bewundere für seine unnachahmliche Art, sein familiäres Lebenswerk und dafür, dass er IMMER NOCH für meine Familie arbeitet – meine Omi ist eine Frau und hat für mich als selbsternannte Feministin als eben solche einen besonderen Respektstein in meinem Herzen.

Sie hatte wegen, nennen wir es mal „männlicher Machtasymmetrien“, keine schöne Kindheit.

Deshalb ist sie mit 18 von Zuhause abgehauen und hat sich ein Zimmer genommen. Sie hat so hart gearbeitet, dass sie bald die Einkaufsabteilung der Norddeutschen Lederwerkstätten leitete. Hallo? Wie super? Hätte sie dann nicht einen Mann kennengelernt, den sie wirklich liebt, wäre sie auch nicht Mutter geworden. Da bin ich mir sicher.
Heute ist meine Omi eine wirklich herausragend gut gekleidete Dame mit Anstand, Stimme und ordentlich Power, für die kein Weg zu weit und kein Gedanke undenkbar ist. Übrigens auch keine Taten unmachbar – letztes Jahr hat sie sich mit uns Frauen aus der Familie tätowieren lassen. Vielleicht ist meine Omi die erste Frau der Welt, die sich mit Mitte 70 ihr erstes Tattoo stechen lassen hat? Wer weiß. Ich war unfassbar stolz.

Manchmal, wenn ich mit meiner Omi telefoniere, merke ich, wie sie nicht ausreichend stolz auf sich ist und vielleicht sogar Dinge bereut. Das macht mich dann traurig, weil ich sie so wunderbar finde. Aber dann denke ich an die ganzen relativen Freiheiten, die wir Frauen heute haben und die Einflüsse, die dadurch auf eine Frau wie meine Omi einwirken. Ich denke an Überforderung in einer viel zu schnell gewordenen Welt. An unerfüllte Träume und ungelebte Fantasien. An alte Grenzen und viele eingegangene Kompromisse. Ich verstehe sie dann besser. So gut ich es eben schon kann. Und andersrum versucht sie, mich zu verstehen. Und mit mir meine Generation: „Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach ist mit all diesen Geräten und dem Internet und all den vielen Möglichkeiten.“ Nein, ist es nicht. Und ich wünsche mir, dass meine Omi mich weiterhin nicht dafür verurteilt, dass ich genau wie sie zwischendurch überfordert bin mit alldem. Noch viel mehr wünsche ich mir aber, dass sie anerkennt, dass sie viele kleine und große Entscheidungen im Leben getroffen hat, die sie zu einer bemerkenswerten Frau machen und zu einem wirklichen Vorbild – vor allem für meine Geschwister, meine Freund*innen und allen voran mich.

Hey Nana - Naya & Oma Marianne: Vielleicht ist sie die erste Frau, die sich mit Mitte 70 ein Tattoo stechen ließ?

Heute ist Sonntag und sie wird mich noch anrufen. Ich frage sie dann, was sie an mir mag und was sie mir für mich wünscht.

Sie hat angerufen und ich muss nicht beleidigt sein. An mir mag sie am liebsten, dass ich mir meine Fröhlichkeit bewahre, egal wie schwierig es ist, dass ich immer einen Weg finde, der mich weiterbringt und mich aus alles schweren Situationen immer wieder erfolgreich rausmanövriere. Ja, das hab ich von Omi – und ihrer Tochter, meiner wunderbaren Mama. Sie wünscht mir, dass ich mich nicht abhängig mache und immer meinen Weg gehe. Keine Sorge, sage ich. Und auch da scheint es Parallelen zu geben, denn zum Schluss frage ich sie, was sie sich für sich wünscht: „Selbstständig bleiben so lange es geht. Keine Putzfrau, keine Pflege. Ich will das alleine schaffen.“  Ich habe keine Zweifel.

Diese OMAGE stammt von der Hamburger Kulturwissenschaftlerin, Autorin und Social Media Editor Naya Bindzus. Sie stand früher als Naya Isso auf der Bühne, entschied sich jedoch für eine Leben im Off – für ihre Familie und einen besseren Schlaf.

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Nike & ihre Omas: Mit Weisheit und Ruhe lassen meine Großmütter ihre Männer sie selbst sein

Nike & ihre Omas:

„Mit Weisheit und Ruhe lassen meine Großmütter ihre Männer sie selbst sein”


Ich glaube, dass ich selten Paare gesehen haben, die bis heute noch so verliebt wirken, wie die Eltern meiner Mutter und die meines Vaters – sprich meine Großeltern. Dieses Funkeln in den Augen meiner Großmütter, wenn sie ihre Liebsten angucken und dann in alten Geschichten schwelgen: „Ich war damals 16 als ich Opa kennenlernte und ich war ja eigentlich einem anderen versprochen.“ Wie als wäre sie immer noch immer 16, strahlt die Mutter meiner Mutter. Kommendes Jahr feiern wir die Diamantenhochzeit der beiden, wie ich fälschlicherweise annahm. „Nike, das ist die Eiserne, die Diamantenhochzeit haben wir doch längst hinter uns“, lacht mein Großvater. „Und kommst du zur Feier?“ Na selbstredend, dieses Fest kann ich mir doch nicht entgehen lassen.

Hey Nana - Nike & ihre Omas

Ich verbringe sehr viel und sehr gerne Zeit mit meinen Großeltern.

Vor einigen Jahren hatte meine Großmutter mütterlicherseits einen Schlaganfall. Sie hatte fast ihr gesamtes Sprachgedächtnis und ihre Mobilität verloren und es folgten kleine Schübe weiterer Schlaganfälle. Zeitweise stellten wir uns alle darauf ein, dass ihr Zustand sich nicht verbessern würde. Nicht mit meiner Oma! Mit der größten Hingabe und Unterstützung meines Opas, lernte und lernte sie unermüdlich, setze sich vor Kreuzworträtsel, ging zur Gymnastik und machte kleine Lernspiele mit meinem Opa. Und heute? Ist sie 82, geht spazieren und redet wie ein Wasserfall. „Nur backen tue ich nicht mehr so gerne. Das ist mir alles etwas zu viel“, sagt sie leicht verlegen. Na ja – das hat sie auch genug. Für vier Kinder und daraus entsprungenen acht Enkelkindern hat sie in ihrem Leben, denke ich, an die 2000 Torten gebacken. „Fliegt ihr eigentlich noch?“, wollte ich neulich wissen. „Ja klar, nach Portugal im Herbst.“ erzählt meine Oma. Das hätte ihnen in den letzten Jahren von allen Reisen am besten gefallen.

Reisen tun die Eltern meines Vaters auch gerne. Wenn ich manchmal zusammenzähle, was ich alles gesehen habe, dann gibt es definitiv immer zwei Menschen, die noch eine ganze Menge mehr gesehen haben. Alleine in diesem Jahr waren meine Großeltern in Marokko, Córdoba, Sevilla, demnächst geht es nach Lissabon und mit dem Schiff nach Mallorca. Die Idee hatte mein Opa neulich, als er beim Einkaufen einen Reisedampfer entdeckt hat. „Wir sind doch schon so oft dahin geflogen.“ Beide haben viele Jahre auf Mallorca gelebt. Wahrscheinlich haben sie mir auch das Entdecker-Gen vererbt. Wenn man durch die Wohnung meiner Großeltern läuft, findet man überall Schätze von ihren Reisen – ein Bild aus Sri Lanka, ein Teppich oder eine Vase aus der Ferne. Von der Vase hätte meine Oma gerne zwei, sagte sie mir neulich. „Dann hätte ich daraus Lampen gemacht.“ Interieur ist eine ihrer Spezialitäten. Mode eine zweite – sie ist wahrscheinlich die modebewussteste und am besten angezogene Oma, die ich je getroffen habe. Fast jedes Mal, wenn ich sie besuchen komme, schenkt sie mir eines ihrer Vintagestücke. Ich freue mich natürlich riesig, noch mehr freut sich aber meine Oma, dass mir die Sachen so gefallen. Selbstlosigkeit. Etwas, dass ich mir von ihr abgeschaut habe und ein Leben lang nicht verlernen möchte – sich darüber freuen, wenn sich andere freuen. „Was soll ich denn mit den ganzen Sachen.“ Was für meine Oma als selbstverständlich erscheint, erkennen manche Menschen gar nicht oder erst sehr spät in ihrem Leben.

Neulich hat mein Vater meinem Opa einen neuen Laptop und ein Tablet mitgebracht.

„Oje, Nike, jetzt habe ich ihn an seinen Online-Skat-Freund verloren.“ Meine Oma verdreht ihre Augen. Ich gucke in den Bildschirm und sehe einen vollbauchige Comicfigur, die uns herausfördern angrinst. Und in der Tat – die Aufmerksamkeit meines Großvaters ist an dem Abend sehr verhalten. Online-Skat macht natürlich auch Spaß. Anstatt jedoch genervt zu sein, schüttelt meine Oma nur lachend den Kopf: „Möchtest du noch ein Stück Mandeltorte?“ Na klar.

Oje, Nike, jetzt habe ich ihn an seinen Online-Skat-Freund verloren.“ Meine Oma verdreht ihre Augen. Ich gucke in den Bildschirm und sehe einen vollbauchige Comicfigur, die uns herausfördern angrinst. Und in der Tat – die Aufmerksamkeit meines Großvaters ist an dem Abend sehr verhalten. Online-Skat macht natürlich auch Spaß. Anstatt jedoch genervt zu sein, schüttelt meine Oma nur lachend den Kopf: „Möchtest du noch ein Stück Mandeltorte?“ Na klar.

Was ich aber vor allem möchte, ist niemals zu vergessen, mit wie viel Respekt sich meine Großeltern begegnen. Mit welcher Weisheit und Ruhe meine Großmütter ihre Männer sie selbst sein lassen. Egal, wie stürmisch die Zeiten, wie voll oder wie leer die Konten waren, wie viele Kinder um sie herumwuselten – der Blick war immer auf dem, was da war und nicht auf dem, was fehlte. Immer an das Beste glauben, erfinderisch sein und immer im Vertrauen bleiben. „Nike, der Glaube hat uns all die Jahre getragen“, sagt der Vater meiner Mutter. „Ich glaube an nichts“, sagt mein anderer Opa. „Doch, ich schon.“ erwidert seine Frau. Glaube hin, Glaube her – egal an was oder wen sie glauben – irgendeine Kraft, eine tiefe Verbundenheit, ein Wille, eine Entschlossenheit hält sie seit Jahren fest zusammen und lässt sie glücklich gemeinsam durchs Leben wandern.

„Wie dankbar ich sein kann“, denke ich, während ich an dem besagten Abend meine Mandeltorte aufesse und mich langsam darauf vorbereite, mich auf den Weg und vollgefuttert in mein Bett zu begeben.

Hey Nana - Nike & ihre Omas: Mit Weisheit und Ruhe lassen meine Großmütter ihre Männer sie selbst sein
Hey Nana - Nike & ihre Omas: Mit Weisheit und Ruhe lassen meine Großmütter ihre Männer sie selbst sein

Diese OMAge stammt von der in Berlin lebenden Schauspielerin und Kreativdirektorin Nike Martens.

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Gianna & Oma Nova: Unser Familiensinn zieht sich wie ein roter Faden durch die Generationen

Gianna & Oma Nova:

„Unser Familiensinn zieht sich wie ein roter Faden durch die Generationen“


Wenn man meine Oma fragt, wie es ihr geht, antwortet sie stets: „Gut. Unkraut vergeht nicht!“ Als Kind konnte ich mit dieser Antwort nie wirklich viel anfangen. Von einer Metapher hatte ich noch nie was gehört und Unkraut war für mich, auch wenn ich von Botanik bis dato nie viel verstand, klar definiert: Hierbei handelt es sich um eine störende, unerwünschte Pflanze. Attribute, die für mich so gar nichts mit meiner Oma zu tun hatten. Die Gegenwart meiner Oma war stets erwünscht, um nicht zu sagen förmlich herbeigesehnt. Am aller liebsten verbrachte ich Zeit bei ihr und meinem Opa in Hannover – meinem ganz persönlichen Schlaraffenland. Hier war das Federbett fluffiger als bei Frau Holle, die Zimmertemperatur perfekter als in jeder Bio-Sauna und das „Tages-Menü“ stellte für mich jede Sterneküche in den Schatten: Milchreis, Pfannkuchen und die weltbesten Marillenknödel.

Das Schöne: Es schien immer so, dass all das meiner Oma genauso viel Freude bereitete wie mir, denn für meine Oma war, ist und bleibt Familie immer das Allerwichtigste – wenn es uns gut geht, geht es ihr gut. Und natürlich umgekehrt, denn der Familiensinn zieht sich wie ein roter Faden durch die Generationen – von meiner Oma, über meine Mama, bis hin zu meiner Schwester und mir.

Hey Nana - Gianna & Oma Nova

Meiner Oma ist es wahrhaft wichtig, dass wir all die Möglichkeiten und Chancen wahrnehmen, die ihr und dem Gros ihrer Generation verwehrt blieben.

Über jeglichen Abschluss meiner Schwester und mir – von der Grundschule, übers Abi, bis hin zur Uni – freut sich unserer Oma mindestens genauso sehr wie wir. Auf jeder Reise begleiten uns ihre guten Wünsche garniert mit einer Dose ihrer leckersten Plätzchen – damit ihre Weltenbummler-Enkelinnen die Heimat nicht vergessen! Sie hat ihren Frieden mit ihrer persönlichen Geschichte gefunden und freut sich umso mehr, dass sie durch uns und unsere jeweilige Geschichte vieles doch noch erlebt, lernt und entdeckt. Kurzum – sie unterstützt uns stets mit all ihrer Kraft. Und das heißt was, denn meine Oma ist unglaublich stark. Sie ist nicht nur mit einem besonders starken Willen ausgestattet, den sie mir definitiv vererbt hat, sondern ist eine Anpackerin der Superlative. Nie war sie sich für irgendetwas zu schade. Wichtig war jedoch stets, dass sie immer, egal welcher Arbeit sie auch nachging und um es in ihren Worten zu sagen: „ordentlich aussieht“! Bluse und Frisur sitzen stets. Keine Falte, kein Fleck, kein aus der Reihe tanzendes Haar. Kopf schüttelnd verzweifelt sie daher stets über den Status quo meiner Socken. Und während ich diese Worte schreibe, höre ich ihre Stimme im Ohr: „Oben hui und unten pfui. Kind so geht das nicht!“ Und bevor ich mich versehe, ist das Loch gestopft und ich wieder salonfähig.

Meine Oma ist, unschwer zu erkennen, nie um einen Spruch verlegen – weder heute noch damals.

Meine Oma ist 1930 geboren. Ihr Elternhaus war frei von jeglichen Nazi Repliken. In den eigenen vier Wänden wurde kein Blatt vor den Mund genommen und ihre Eltern artikulierten klar, was sie von Hitler hielten: nichts! Als meine Oma einmal als Kind mit ihrer Mutter in der Bahn fuhr und zwei SS-Offiziere samt Reichsfahne hinzustiegen, musterte sie diese, als sähe sie die Flagge zum ersten Mal. Verwundert wurde sie daraufhin von den Nazis gefragt, ob sie denn zu Hause nicht „Heil Hitler!“ sagen würden. Während ihre Mutter, wartend auf die Antwort, tausend Tode starb, antwortete meine Oma unverblümt: „Nein, wir sagen Heil Mama!“

Wenn ich meine Oma heute frage wie es ihr geht, bekomme ich nach wie vor die gleiche Antwort: „Gut. Unkraut vergeht nicht!“ Heute kann ich jedoch weitaus mehr mit ihrem Replik anfangen. Und das nicht nur, weil es mir mittlerweile gelungen ist, die metaphorische Bedeutung zu dekodieren. Nein, heute weiß ich bedeutend mehr über meine Oma und auch wenn sie für mich immer die Hüterin des Schlaraffenlands bleibt, ist sie so viel mehr als das. Sie ist stark wie Edelweiß, tapfer wie eine Iris, stolz wie eine Hortensie, mutig wie eine Pfingstrose, fürsorglich wie ein Stiefmütterchen, treu wie Gänseblümchen und sie ist von nichts und niemandem kleinzukriegen. Genauso wenig wie Unkraut. Kurzum – meine Oma ist für mich das perfekte Bouquet!

Diese OMAge stammt von Gianna Main. Das Hamburger Deern lebt mittlerweile, genau wie ihre Oma Kläre (genannt Oma Nova) in Berlin. Gianna ist Gründungsmitglied der zivilen Seenotrettungsorganisation SOS MEDITERRANEE. Sie leitete bei Lemonaid und anschließend bei Musik Bewegt, den Bereich Events & Kooperationen und arbeitet mittlerweile selbstständig als Marketingberaterin für NGOs und Social Businesses.

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Ira & Oma Gertrud: Trotz der Herausforderungen für Senioren im Alltag strahlt sie Zufriedenheit aus

Ira & Oma Gertrud:

„Trotz der Herausforderungen für Senioren im Alltag strahlt sie Zufriedenheit aus”


„Ein Wort wie ‚Ozon‘ gab es damals nicht“, erzählt mir Oma Gertrud bei einem Besuch zum Kaffee – ein Samstagnachmittag, Punkt 15 Uhr, in einem wirklich kleinen Dorf im Siegerland. Es gibt lauwarmen Pudding-Streuselkuchen und heißen, aufgebrühten Filterkaffee. Wir haben uns natürlich nicht getroffen, um über die globale Erderwärmung zu sprechen, sondern, um uns mal wieder zu sehen und ein bisschen zu quatschen. Aber immerhin ist dies ein Thema auf unserer Agenda. Genauso wie der Hausärztemangel in dörflichen Randgebieten, der legendäre VW-Dieselskandal, unverantwortlicher Umgang mit Plastikverpackungen in Supermärkten sowie Unterschiede in der Bio-zertifizierten Viehzucht auf dem Land und in der Stadt.

Wahnsinn, oder?

Immerhin sind es nicht Dr. Bettina Hoffmann von den Grünen und Markus Söder von der CDU, die über Umweltschutz debattieren, sondern es sind Oma Gertrud und ich.
Vor mir sitzt eine weise, lebenserfahrene und gutaussehende Frau, die Ihren Mann – den Vater ihrer vier (!) Kinder – mit dem Krebs teilen musste. Die den besten Kuchen und Filterkaffee der Welt zubereitet. Die sich gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Gedanken darüber machen muss, wie sie zum nächsten Hausarzttermin kommen, weil der Weg zu weit ist. Die ihre Ausbildung in einem Tante Emma Laden – und nicht wie ich auf einer schnöseligen Privatuni – gemacht hat und die mir erklärt, dass es ein Wort wie „Ozon“ vor 50 Jahren einfach noch nicht gab.

Hey Nana - Ira & Oma Gertrud

Vor mir sitzt eine Frau, die unfassbar viel Wissen besitzt und Ahnung hat, weil sie Generationen durcherlebt hat.

Eine Frau, die immer schick gekleidet und zurecht gemacht ist, auch wenn es keinen Anlass dazu gibt. Die sich immer Mühe gibt, die immer belesen und informiert ist und die trotz der Herausforderungen für Senioren im Alltag immer Zufriedenheit ausstrahlt.
Was ich nach der Zeit, die ich mit meiner Oma verbringe, wieder mitnehme, sind die guten, alten „kleinen Dinge im Leben“. Die kleinen Dinge, an die wir im Alltag festhalten können, um zum Beispiel die „Ära Donald Trump“ zu überleben, um skandalöse Promi-Schlagzeilen zu begreifen oder um all die durchs Agenda Setting der Medien vermeintlich wichtigen Themen für einen kurzen Moment in unseren Köpfen auszublenden.

Sich mit einem nahestehenden Menschen beim Kaffeeklatsch über eine geballte Ladung Wissen und Erfahrung auszutauschen, ist bereichernd. Noch interessanter wird es aber dann, wenn ich von Car Sharing, Urban Gardening und Freunden aus der Großstadt erzähle, die am Stadtrand ein Stück Acker für den privaten Gemüseanbau gepachtet haben. Damit kann ich sie beeindrucken, denn dadurch merkt sie, dass unsere Generation nicht auf den Kopf gefallen ist.

Generationen kommen und gehen. Regierungen kommen und gehen. Wirtschaftliche Skandale kommen und gehen. Doch der Austausch zwischen den Generationen sollte immer aufrechterhalten werden und wie ein verborgener Schatz gesehen werden, der immer mal wieder ausgebuddelt werden sollte – ein Erfahrungsschatz. Und das ist ein Appell an alle Enkel dieser Welt!

Diese OMAge stammt von Ira Hendricks. Die 24-jährige PR-Beraterin wohnt in Köln besucht ihre Oma Gertrud so oft wie möglich im Siegerland. Sie liebt es den Geschichten der Frau, die nach der Schule eine Ausbildung zur Verkäuferin in einem Tante Emma Laden machte, zu lauschen.

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Anne & Oma Ute: Die Grenzen sind offen, auch im Kopf

Anne & Oma Ute:

„Die Grenzen sind offen, auch im Kopf“


„Früher war alles besser? Diese Meinung verstehe ich nicht“, sagt Oma. „Jede Zeit hat seine guten und weniger guten Seiten.“ Oma wurde im Krieg geboren. Hunger und Kälte prägten ihr Leben. Und dann sind da Erinnerungen an Bombenangriffe, Luftschutzkeller und die Umstände der Nachkriegsjahre. Gesellschaftlich gesehen ist Oma in einem geteilten Deutschland aufgewachsen. Ich frage sie oft über das Leben im und nach dem Krieg und in der DDR aus. Denn ich kann mir eine solch begrenzte Meinungs- und Bewegungsfreiheit kaum vorstellen. Die Gespräche mit Oma und die Vergleiche unserer Leben machen mich immer wieder dankbar. Dann nämlich fällt es mir noch extremer auf, wie frei wir sind. Allein schon in puncto Meinungsäußerung – was wir heute alles im Internet (auch oft zu unbedacht) kommentieren?! Eine kritische Meinung zum politischen Geschehen in der DDR wurde meistens mit Haft bestraft. „Man wurde nach außen zum Heuchler gemacht“, erzählt Oma.

Auch wenn nicht alles schlecht war und wenigstens für Arbeit und Wohnraum gesorgt war, – dieser Mangel löst heute wiederum Existenzängsten in meiner Generation aus – weiß ich meine Freiheit und die Möglichkeiten um so mehr zu schätzen und auch in Zukunft zu bewahren.

Hey Nana - Carina & Oma Elfriede

Omas Wunsch war immer eine kleine Familie. Dieser Wunsch hat sich durch die Geburt ihrer Tochter und ihren zwei Enkelkindern erfüllt. Da unterscheiden wir uns sehr, denn einen Kinderwunsch kann ich nicht nachvollziehen.

Ich frage mich, ob es anders und ich familienbezogener wäre, hätte ich auch in der DDR gelebt. Mit der Vielfalt und Chancen, die meine Generation hat, sind Karriere und Selbstverwirklichung häufiger im Mittelpunkt. Als selbständige Künstlerin lebe ich für meine Kunst, das Entdecken, Lernen und Reisen. Abgesehen davon, dass ich bisher noch keine mütterlichen Gefühle hatte, wäre mir die Verantwortung für Kinder und Familie einfach zu groß, um weiterhin meinen Träumen und Interessen nachzugehen.

Ist meine Generation zu verwöhnt und selbstbezogen geworden? Das frage ich mich oft.

Bei Hey Nana geht es auch um die Frage, was die Generationen voneinander lernen können. Oma hat dazu eine klare Antwort: „Die Alten können und müssen lernen, die junge Generation zu verstehen und unbedingt auf sie zugehen, mit dem Fortschritt mithalten und sich Mühe geben. Ich bin froh die digitale Zeit noch zu erleben und ich bemühe mich auch mit der Zeit zu gehen und nicht als schusselig und dumm dazustehen.“ Ich war mega überrascht und stolz auf meine Oma, als sie mir erzählte, dass sie sich ein Smartphone gekauft hatte. Sie bat mich hin und wieder, dies und jenes zu erklären oder zu zeigen. Das habe ich natürlich gern gemacht. Manchmal war da auch etwas Geduld erforderlich und ich musste auch überlegen, wie ich Oma am besten erkläre was und wie viel ein Kilobyte und ein Megabyte ist und warum sie sehr viel Datenvolumen beim Streamen von Videos verbraucht. Nun nutzt sie Google Maps, schreibt mir Nachrichten auf WhatsApp und weiß mit der Technologie ihr Leben zu optimieren. Trotzdem hält sie es in Grenzen, will lieber nur ihr monatlich begrenztes Datenvolumen nutzen statt sich WLAN zuhause installieren zu lassen. „Denn wenn mann ständig Dinge im Internet nachschlägt”, sagt sie, gehe viel Zeit verloren. „Und ich erkenne das Suchtpotenzial.“ Stimmt. Meine Generation ist Opfer von scheinbar endlosem, ungezieltem Scrollen geworden. Auch ich verliere mich viel zu häufig in dieser schlechten Angewohnheit. Da sollte ich ein Beispiel an meiner Oma nehmen und öfter mal in die Natur spazieren und mit Freunden treffen. Denn für Oma ist das Liebe: die Liebe zur Natur und die Liebe zum Leben.

Diese OMAge stammt von Anne Bengard, die Künstlerin lebt in Berlin und London. Man könnte sagen, sie steht für Realismus in Pastellfarben, inspiriert durch Popkultur und Mangas. Das zauberhafte Foto stammt von Mandy Eichler aka Soulita.

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Carina & Oma Elfriede: Du, ich und das rote Sofa

Carina & Oma Elfriede:

„Du, ich und das rote Sofa“


Lange bevor Frauenpower zum Markenzeichen der Spice Girls und Jahre später zu einer gesellschaftlichen Bewegung avancierte, wurde sie mir praktisch in die Wiege gelegt. So weit ich zurückdenken kann, gab es meine Oma, meine Mama und mich im Dreierpack. Drei Generationen und ein Bund, der alle neuen Lebensumstände überstanden hat. Als Kind war es für mich selbstverständlich, diese beiden Frauen immer an meiner Seite zu haben. Erst später wurde mir bewusst, wie sehr mich eben dieses weibliche und liebevolle Umfeld geprägt hat.

Hey Nana - Carina & Oma Elfriede

Auch unser Umzug von Österreich nach Deutschland konnte mich nicht von meiner Oma entfernen.

Wenn ich zu Besuch kam, saßen wir zusammen auf ihrem roten Sofa. Manchmal quatschten wir, meistens schauten wir einfach gemeinsam fern, während ich meinen Kopf auf ihren Schoß oder ihre Schulter legte. Die Jahre vergingen, die Tradition blieb. Dort auf diesem roten Sofa konnte ich wieder Kind sein und Geborgenheit in den Armen meiner Oma finden. Dort, wo alles ganz unbeschwert war, während draußen das Leben tobte.

Von klein auf schenkte mir meine Oma Zeit und Aufmerksamkeit. Zum Beispiel, als sie das Publikum spielte, weil ich ihr im Wohnzimmer eine Tanzshow vorführte. Oder als wir gut zwanzig Jahre später mit der Sonne im Gesicht um den Wörthersee spazierten. Sie hat mir vielleicht keine speziellen Lebensweisheiten oder Lehren mit auf den Weg gegeben. Aber ich habe von ihr das wertvollste Geschenk bekommen, was sich ein Mensch wünschen kann: bedingungslose Liebe. Was sich kitschig anhören mag, ist mitverantwortlich dafür, dass auch ich heute so lieben kann und emphatisch bin. Ich erinnere mich noch daran, wie sie ihren Ehemann bis zum Tod gepflegt und nie aufgegeben hat. Ich lernte, was es bedeutet, selbstlos zu sein.

Hätte ich beim letzten Mal gewusst, dass ich nie wieder auf diesem roten Sofa sitze werde, wäre ich auf dem Schoß meiner Oma bestimmt noch ein bisschen länger liegen geblieben. Seit der Diagnose im vergangenen Jahr hat sich viel verändert. Das rote Sofa gibt es nicht mehr, da sie aufgrund ihrer Krankheit woanders hinmusste. Trotz vieler Tränen und neuen Herausforderungen ist unsere Verbindung geblieben. Jedes Mal, wenn wir telefonieren, sagt mir meine Oma: „Wenn du glücklich bist, dann bin ich auch glücklich.“ Ich weiß von ganzem Herzen, dass sie diese Worte genau so meint.

Diese OMAge stammt von Carina Parke. Die Journalistin und Hundemama von Sissi (im Bild) schreibt am liebsten über soziale Themen und engagiert sich ehrenamtlich bei Amnesty Deutschland.

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Balbina & Oma Helena: Das Leben möchte bis zum Anschlag gelebt werden

Balbina & Oma Helena:

„Das Leben möchte bis zum Anschlag gelebt werden”


Was ich von meiner Oma lerne, ist dass jeder Moment zählt. Dass das Leben zum Anschlag gelebt werden möchte. Dass jede Sekunde und das zu jeder Lebenszeit, es wert ist, ausgeschöpft zu werden. Und ich zeige ihr, dass ich in jedem Schritt, den ich gehe, aus mir heraus das jetzt mit Leben erfülle. Es zumindest versuche. Das macht sie glücklich. In ihrem Wohnzimmer stehen überall Schnappschüsse von Dingen, die ich gelebt habe. Sie lebt sie mit.

Hey Nana - Balbina & Oma Helena

– 01/ 19/09 –

Der Moment
halb getränkt
in Tristesse,
er ist endlich.

Die Zelle,
trägt ihr Ende
beschützt es
durch ihren Text.

Jenes Licht
am Morgen
ist wertvoll,
da es erlischt.

Mein Leben,
begrenzt.

Sinnvoll,
da es endet.

Hey Nana - Balbina & Oma Helena

Diese OMAge stammt von der Musikerin Balbina. Im Herbst veröffentlicht sie ihr neues Album „Punkt.“ und tritt mit gleichnamiger Show am 3. Oktober 2019 in der Hamburger Elbphilharmonie auf.

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Thekla & Oma Ruth: Respekt, Liebe und Dankbarkeit haben nichts mit Ansprüchen zu tun

Thekla & Oma Ruth:

„Respekt, Liebe und Dankbarkeit haben nichts mit Ansprüchen zu tun”


Ich komme aus einer Familie – oder besser gesagt, ich bin zusammengesetzt aus zwei Familien, deren Oberhäupter die Frauen sind, waren und bleiben werden. Die Mütter meiner Eltern, meine Großmütter, haben Feminismus gelebt, weit bevor wir den Begriff in Podcasts diskutierten. Väterlicherseits habe ich leider nicht mehr viel Familie, um meine Mutter herum spinnt sich aber ein kompliziertes Netz aus Brüdern, der Mutter – meiner Oma, die im Mai 90 Jahre alt wurde und ihrem Lebensgefährten, und uns – den Enkeln und unseren Kindern. Dreh und Angelpunkt ist das Elternhaus meiner Mutter, der Ort an dem meine Oma die vier Jungs und ein Mädchen großzog. Sie kochte in der Schule und zu Hause.

Mein Opa starb vor meiner Geburt und meine Oma zog, ein Stück durch den Wald in ihr neues Leben, mit ihrem jetzigen Lebensgefährten. Unweit von diesen beiden Häusern und dem Waldstück ist der Bahnhof, seit einigen Jahren im Besitz meines Onkels. Es ist ein Dreieck im freien Land, geometrisch, aber in sich nicht logisch, immer, wenn ich darauf schaue, sehe ich nur Irrungen, Wirrungen. Unweit der Geburtsstadt Fontanes wohnt nun also noch ein Großteil der Familie – zusammen und doch oft allein. Der Respekt vor meiner Oma ist immens, auch wenn die Zeit voran ging, blieb er hoch.

Wie ein Denkmal wirkt sie oft – und so wird sie auch behandelt. Als könne sie nicht mit der Zeit gehen, als wollte man nicht, dass sie weiterhin mit der Zeit geht. Vielleicht, weil die Endlichkeit in Sicht scheint. Jeder möchte es ihr Recht machen – und jeder weiß, wie sie es eigentlich machen würde. Oder gesagt hätte.

Hey Nana - Thekla & Oma Ruth

Was Oma gesagt hat, war Gesetz. Denn sie hat es ja immer gemacht. Sie war immer der Boss.

Aber jetzt ist sie es nicht mehr – sie wird schwächer. Sie ist jetzt eine alte Dame, eine sehr lustige alte Dame, die Scherze über die Lieben der Enkel macht – und deren größtes Glück die (auch daraus entstandenen) Ur-Enkel sind. Und mit diesen möchte sie eigentlich nur Zeit verbringen. Doch es scheut sie häufig, die Angst vor Überanstrengung, die Sorge, nicht zu réussieren. Ich wünschte mir häufig, wir könnten es alles leichter nehmen. Es ihr leichter machen. Uns allen. Die (falschen) Ansprüche bei Seite schieben. Denn Respekt, Liebe, und Dankbarkeit haben nichts mit Ansprüchen zu tun – sondern mit der Zeit, die wir gemeinsam verbringen.

Ich bin mir sicher, wenn man sein Leben lang stark war, dann ist man froh, wenn man sich irgendwann einfach zurücklehnen darf. Und die Früchte nicht mehr ernten und einkochen muss. Sondern einfach sein darf.

Wenn ich sie das nächste Mal sehe, werde ich sie fragen, ob dem wirklich so ist. Denn, da beginnt es schon wieder – auch ich möchte nichts über ihren Kopf hinweg behaupten.
Denn ihr Kopf, das war und bleibt unser Oberhaupt.

Diese OMAge stammt von Thekla Wilkening. Sie hat mit 25 ihr erstes eigenes Unternehmen, die Kleiderei, gegründet und setzt nachhaltige Konzepte im Mode-Bereich um und berät Unternehmen. Für Thekla gehören Nachhaltigkeit, Umsichtigkeit und Verantwortung zusammen. 

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Purista & Oma Gertrud: Das erste Mal im Leben Liebeskummer. Und das mit 80

Purista & Oma Gertrud:

„Was heißt schon Glück, mein Mädchen?“


Seit er von uns gegangen ist, schläfst du nachts nur noch auf dem Sofa. Der Fernseher läuft leise bis zum Morgengrauen durch, damit du dich nicht einsam fühlst. Dein kleiner Hund Bobby hält treu die Stellung, kuschelt sich unter der braunen Wolldecke an deine Füße – und so wartet ihr gemeinsam, bis die Morgensonne wieder etwas Licht ins Dunkel bringt. Es gibt Stunden, in denen du deine Trauer vergisst. Stunden, niemals Tage. Morgens, abends und in der Nacht ist die Sehnsucht am größten.

Tagsüber bekommst du viel Besuch: Nachbarn, Freunde, Verwandte lassen sich auf ein Tässchen Filterkaffee einladen, manchmal raffst du dich sogar auf und backst einen deiner fabelhaften Kuchen. Aber Leidenschaft steckt keine mehr hinter deinem einstigen Hobby, denn der Appetit ist dir längst vergangen. Beim Karten spielen oder quatschen lässt du es dir nicht anmerken, dass du innerlich zerbrichst. Du reißt dich zusammen, schließlich muss das Leben weitergehen.

„Ein richtiges Leben ist das nicht mehr“, erzählst du mir am Telefon, klingst müde, abgeschlagen, lustlos. Vergesslich bist du auch geworden, kopflos, bist oft nicht bei der Sache, sondern in Gedanken. Ich kann es verstehen.

Hey Nana - Purista & Oma Gertrud

Wozu über das Wetter, die Benzinpreise oder die Landtagswahlen sprechen, wenn du nirgends mehr einen Sinn siehst. Mit wem sollst du jetzt deine Gedanken teilen?

Wie gerne würde ich dir diesen Schmerz abnehmen. Dich in meine Arme schließen und dir sagen, dass alles wieder gut wird. So wie du es früher bei mir getan hast, als ich hinfiel und mir wehtat, später beim Liebeskummer und während anderer schwieriger Lebensphasen. Du warst mir immer wichtig und bist es auch jetzt noch. Bist mein zweites Zuhause. Unzählige Ferien haben meine Schwester und ich bei dir und Opa verbracht. Du hast mir gezeigt wie man den weltbesten Schweizer Wurstsalat zubereitet, hast mir sämtliche Klamotten geflickt und mir immer wieder heimlich Geld zugesteckt – ohne, dass Opa je davon erfahren hat.

Die Urlaube an der Costa Brava gehören zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen: Jeden Tag mit liebevoll gepacktem Picknick-Korb am Strand verbringen, abends in die kleine Altstadt zum Calamari essen, Ausflüge zu nahegelegenen Sehenswürdigkeiten – und an guten Tagen, gab es sogar zwei Eis für mich. Herrlich!

Du hast dich stets aufgeopfert, deine eigenen Wünsche hintangestellt und warst dein Leben lang bemüht, es jedem recht zu machen. Manchmal sogar ein bisschen zu viel.

Aber du konntest nicht anders. Freunde und Familie zählten immer mehr als du selbst. Das hat Opa gehasst. Ihr habt euch sehr viel deshalb gestritten. Aber nicht nur deshalb, sondern auch darüber, wer den Rasen mähen, Staub saugen oder einkaufen gehen soll. Manchmal hat er dich regelrecht genervt und du warst froh, ihn mit Bobby zum spazieren gehen zu schicken.
Und jetzt ist er weg und du wünschst dir nichts sehnlicher, als noch einmal mit ihm streiten zu können. „Ich erinnere mich nur noch an die guten Momente, alles andere ist wie weggeblasen. Jetzt denke ich, wir hätten viel öfter gemeinsam ausgehen sollen, mehr reden und das Leben genießen. Doch erst wenn der andere weg ist, weiß man, was man an ihm hatte.“ Und ich frage mich: Wie kann man nach über sechzig Jahren Beziehung, nach über 20.000 miteinander verbrachten Tagen, allein klarkommen? Wie füllt man den Alltag, die freie Zeit? Ich bin genauso hilflos wie du.

Doch eines wird mir klar: Liebe hat kein Ablaufdatum. Wahre Liebe ist immer und allgegenwertig. Man sollte sie schützen wie ein rohes Ei, sie jeden Tag pflegen und sich wieder und wieder daran erinnern, dass sie unser höchstes Gut ist. Auch wenn das geflügelte Wort „Carpe Diem“ mittlerweile ziemlich abgedroschen klingt, ist es doch wahr.

Jeder Tag ist eine neue Chance, geliebten Menschen zu sagen, wie wichtig sie uns sind.

Das Leben ist zu kurz für den richtigen Moment. Und auch wenn Opa nicht mehr hier ist, hat er einen besonderen Platz in unseren Herzen. Oma, ich bin stolz auf dich. Stolz, dass du maßgeblich daran beteiligt warst, dass ich heute bin, wer ich bin. Jetzt ist es an mir, für dich da zu sein, zuzuhören, dich abzulenken. Du hast das erste Mal in deinem Leben Liebeskummer. Und das mit achtzig Jahren. Aber du bist eine starke Frau, du schaffst das! Vermutlich hilft es, Udo Jürgens zu glauben, der so treffend gesungen hat: „Wenn das Schicksal uns alles nimmt, vertrau der Zeit.“

Das ist es, was du nun von mir lernen kannst: Hoffnung zu haben! Denn ich weiß, dass der Schmerz weniger wird und die Tage leichter, dass du wieder aus vollem Herzen lachen wirst, dass der Appetit zurückkommt und vielleicht sogar der Spaß am Backen. Die Erinnerungen an Opa werden liebevoll sein und Geborgenheit schenken. Und irgendwann wirst du wieder in einem richtigen Bett schlafen: mit einem gemütlichen Kopfkissen und einer Decke, unter der sich dein Bobby zu dir kuscheln kann.

Diese OMAge stammt von Purista Merk. Sie ist Redakteurin und Social Media Managerin, lebt mit ihrer Familie am Ammersee bei München und war schon immer ein Oma-Kind. Sie ist gerne unterwegs, packt Koffer wie ein Profi und schreibt auch am liebsten über diese beiden Themen: puristamerk.de

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Nicole & Oma Inge: Was heißt schon Glück, mein Mädchen?

Nicole & Oma Inge:

„Was heißt schon Glück, mein Mädchen?“


Meine Omi ist keine glückliche Frau. Meine Omi ist eine zufriedene Frau. Auf die Frage, was sie glücklich macht, antwortet sie mit der Gegenfrage: „Was heißt schon Glück, mein Mädchen?“.

Sie ist zufrieden mit ihrem Leben und damit, dass es ihren Lieben gut geht und alle gesund sind. Das Streben nach Selbstverwirklichung, Luxus, Einfluss und Geld ist ihr fremd. Mich selbst erdet das immer wieder, wenn ich als beschleunigte Großstädterin bei ihr in der Heimat bin. Frische Luft, Hausmannskost und Spaziergänge sind für sie wichtiger als Social Media, Netflix und Handyspiele. Diese Dinge sind ihr äußerst zu wider und sie rügt täglich meinen Opi, der sich stets darin versucht, sich mit seinem Smartphone auseinanderzusetzen, um letztendlich daran zu scheitern und meine Zeit beansprucht, um alle Grundeinstellungen wieder herzustellen. So bleibt weniger Omizeit.

Hey Nana - Nicole & Ihre Oma Inge

Heute versuche ich oft bei meiner Omi zu sein, auch wenn mir mein Leben aufgrund von Terminüberflutungen dieses Vorhaben nicht immer einfach macht.

Durch einen Sturz, der im Alter ohne Grund passieren kann, musste meine Omi operiert werden. Auf der Fahrt zu ihr ist mir unter Tränen bewusst geworden, wie wenig Zeit mir mit meiner 81-jährigen Omi noch bleibt und wie wichtig es mir ist, diese mit ihr nochmals richtig zu nutzen.

Meine Omi beschreibt sich selbst als solide Frau, die über 40 Jahre in Vollzeit gearbeitet, vier Kinder und ein erhebliches Stück auch mich groß gezogen hat. Sie hat mir Werte vermittelt wie Ehrlichkeit, Fleiß, Pünktlichkeit und Loyalität. Sie hat mir Lebensweisheiten mit auf den Weg gegeben wie „geht nicht, gibt es nicht“, „selbst ist die Frau“, „Sauberes sollte man sauber halten“ und „was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“. Von meiner Omi habe ich kochen, backen und nähen gelernt – Dinge, die Menschen heute gern von anderen ausführen lassen. Ich bin stolz, mir beides zugestehen zu können.

Ohne meine Omi wäre ich nicht die, die ich heute bin. Und dennoch sind wir grundlegend verschieden.

Gern haben wir Dickköpfe auch einmal Meinungsverschiedenheiten, die uns gegenseitig so richtig auf die Palme bringen. Der damit verbundene Frust hält aber nie lange an, denn ich weiß, meine Omi meint es immer nur gut mit mir, wenn sie sagt, ich trage zu viel schwarz, die Haare sind zu blond oder das Make-up zu stark. Meine Omi versteht nicht, wie ich mein fleißig erarbeitetes Geld für Fashion- und Lifestyleprodukte ausgeben kann. Das käme ihr als Frau der Kriegsgeneration niemals in den Sinn. Und dennoch ist sie Feuer und Flamme, wenn ich ihr zeige, wie frau einen Lippenstift aufträgt oder was Mascara so alles anstellen kann.

Heute versuche ich auch oft bei meiner Omi zu sein, weil seit dem Sturz Einiges nicht mehr geht. Den Haushalt zu schmeißen, gelingt nicht mehr so einfach wie früher. Meine Omi ärgert das sehr. Nie würde ihr in den Sinn kommen, dass andere das für sie übernehmen. Und dennoch mussten wir zwei ernste Gespräche im Hinblick auf diesen Lebensabschnitt führen. Ich möchte, dass es meiner Omi gut geht, es ihr an nichts fehlt und sie die nächsten Jahre genießen kann. Doch Genuss ist meiner Omi etwas Fremdes. Schaffen und eine Aufgabe haben, sind ihr eher vertraut. Ohne mich hätte meine Omi niemals eine Pflegestufe beantragt, die heute dazu dient, dass wöchentlich jemand im Haushalt unterstützt und nicht mehr ich das übernehme, so dass wir mehr Zeit miteinander haben.

Meine Omi wurmt auch, dass sie Dinge und Namen vergisst oder manchmal nicht mehr weiß, was in der Woche los war. Ich versuche sie dann stets mit den Worten zu beruhigen, dass wir alle da einmal hinkommen und wir zwei doch eher dankbar sein sollten, dass so lange, so vieles physisch und psychisch bei ihr funktioniert hat. Das bisschen Vergessen ist da gar nicht schlimm.

Meine Omi ist eine Kämpferin mit einem scharfen Geist. Eine Bombenfrau. Ein Vorbild für mich.

Ich bin unendlich dankbar, meine Omi zu haben. Ich hoffe sehr, dass wir noch ganz wunderbare Jahre miteinander verbringen – auch wenn diese mit der Zeit anders aussehen werden als wie wir sie bisher kannten. Meine Omi war immer für mich da und nun werde ich stets für sie da sein – unabhängig davon, was kommt und egal, was passiert. Omi, ich bin dir sehr dankbar und ich liebe dich!

Diese OMAge stammt von Nicole Engel. Sie weiß von Berufs wegen, dass Kommunikation und Begegnung essentiell fürs gesunde Miteinander sind: Als Diplom-Psychologin und Life- und Business-Coach hilft sie Menschen in ihre Power zu kommen.

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